Spielball politischer Ambitionen
Vor zehn Jahren führte die damalige Bundesregierung den gesetzlichen Mindestlohn ein. Der CGM-Bundesvorsitzende Sebastian Scheder zieht eine gemischte Bilanz.
Vor einem Jahrzehnt beschloss die damalige Große Koalition die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Ab Anfang 2015 betrug dieser zunächst noch 8,50 Euro.
Die Einführung war damals eine nicht unumstrittene Maßnahme. Die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) kritisierte vor allem den damit einhergehenden Abbau der Tarifautonomie. Nun, zehn Jahre später, zieht der CGM-Bundesvorsitzende Sebastian Scheder eine gemischte Bilanz.
Kritik an politischer Einmischung
Generell bewertet der Gewerkschaftsvorsitzende den gesetzlichen Mindestlohn positiv. „Seine Einführung verringerte soziale Ungleichheiten, erkannte die Würde der Arbeit an und schuf eine gerechtere sowie produktivere Arbeitswelt.“
Zugleich kritisiert der CGM-Bundesvorsitzende jedoch die neueren Entwicklungen rund um die Festlegung des gesetzlichen Mindestlohns: „So langsam sollte sich die Regierung mal aus der Tarifpolitik heraushalten“, fordert Scheder.
„Schon von Anfang an hat sich die Frage gestellt: Darf sich die Politik überhaupt derart in die Tarifautonomie einmischen? Als Kompromiss kam es daher zur Mindestlohnkommission. Ein Kompromiss, der mit Augenmaß erfolgte und in mehreren Schritten ganz ordentliche Ergebnisse brachte. Mit der Entscheidung der Ampel-Koalition bei der Festlegung politisch einzugreifen, kam es nun allerdings zu einer politischen Einmischung, die wir immer befürchteten. Vor dieser Situation haben wir immer gewarnt. Nun ist dem politisch motivierten Überbietungs-Wettbewerb Tür und Tor geöffnet.“
Weitreichende Entscheidung
Auch die Tariflohnstrukturen in Deutschland gerieten durch die Mindestlohneinführung stark in Bewegung. Bei diesen Auswirkungen zieht der CGM-Bundesvorsitzende eher eine gemischte Bilanz. „Zum Teil gab es in einzelnen Bereichen positive Impulse für die Entwicklung der Tabellenentgelte. Generell ist es jedoch eine Herausforderung, dass die Löhne für Ungelernte und Fachkräfte sich immer weiter annähern. Wir fordern die Arbeitgeber schon länger dazu auf, die Löhne der Fachkräfte so weit anzuheben, dass der Abstand gewahrt wird. Dies ist nötig, um den Menschen zu signalisieren: Es lohnt sich, eine Ausbildung oder Qualifizierung zu absolvieren. Verschärft wird diese Entwicklung durch die Einführung des Bürgergeldes, welches Beschäftigte im Niedriglohnbereich vor die Frage stellt, ob es sich überhaupt noch lohnt, einer Arbeit nachzugehen. So werden leistungsfeindliche Fehlanreize gesetzt. “
Branchenmindestlöhne als flexiblere Alternative
Als Alternative zum gesetzlichen Mindestlohn sieht der CGM-Bundesvorsitzende die flächendeckende Einführung von tariflich ausgehandelten Branchenmindestlöhnen. „Nur tariflich ausgehandelte Lösungen sind in der Lage, flexibel genug die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der jeweiligen Branche zu berücksichtigen. Von Sozialpartnern tariflich ausgehandelte Branchenmindestlöhne bieten die notwendige Flexibilität und zugleich Sicherheit.“