Gemeinsam für die Demokratie einstehen
Liebe Mitglieder und Freunde der Christlichen Gewerkschaft Metall,
wie Enthüllungsjournalisten bekannt gaben, fanden Vernetzungstreffen der neuen Rechten statt, bei denen sich unter anderem Vertreter der AfD sowie der Identitären Bewegung Umsturzfantasien hingegeben und einen „Geheimplan gegen Deutschland“ geschmiedet haben. In der Nähe von Potsdam soll unlängst ein „Masterplan“ diskutiert worden sein, der unter dem Schlagwort der „Remigration“ die millionenfache Ausweisung von Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund sowie deren Deportation nach Afrika vorsieht. Dass der Tagungsort in unmittelbarer Nähe zum Schauplatz der „Wannseekonferenz“ gewählt wurde, bei der 1942 die systematische Vernichtung der europäischen Juden vorbereitet wurde, ist hier wohl nur eine besonders zynische Randnotiz.
Rechtsradikale Kleinstparteien haben schon während der Coronakrise Unsicherheiten und Ängste geschürt und ungestört Stimmung gegen die etablierten Parteien gemacht. Den Politikern wird von Teilen der Bevölkerung inzwischen nicht mehr zugetraut die anstehenden Probleme zu lösen und der AfD gelingt es in dieser Gemengelage immer mehr an Zuspruch zu gewinnen – dabei fällt diese gerade durch immer stärkere Radikalisierung auf.
Gegen Hass und Hetze
Die nun bekannt gewordenen Geheimtreffen, bzw. die mediale Aufbereitung dieser Zusammenkünfte waren es wohl, die nun für große Teile der Zivilgesellschaft das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht haben. In vielen deutschen Städten gingen und gehen nun hunderttausende von Bürgerinnen und Bürger auf die Straße und demonstrieren gegen Hass und Hetze, gegen rechtsradikale Umsturz- und Vertreibungsideen sowie den immer größeren Einfluss der neuen Rechten.
Es ist ein starkes Signal, welches aktuell davon ausgeht, dass Arbeiter und Akademiker, Alte und Junge, Bürgerliche und Linke, Konservative und Liberale gemeinsam für den Erhalt unserer Demokratie einstehen. Dass Vereine und Verbände, Parteien, Kirchen und Gewerkschaften landauf, landab dazu aufrufen, den Glauben an die Demokratie nicht zu verlieren und sich zu Einigkeit und Recht und Freiheit bekennen. Gegen Ausgrenzung und Hass, gegen Spaltung und wachsenden Antisemitismus.
Alles schon mal da gewesen!
Wirtschaftliche Probleme
Und dass die Furcht vor einem Umsturz nicht völlig unberechtigt ist, zeigt die Beschäftigung mit unserer Geschichte. Vor rund einhundert Jahren waren es hauptsächlich wirtschaftliche Verwerfungen, die den Nationalsozialisten den Weg ebneten. Wirtschaftliche Verwerfungen, wie diese auch heute zu beobachten sind: Die schleichende De-Industrialisierung unseres Landes, eine zunehmende Inflation mit einhergehendem Wohlstandsverlust und Zukunftsängste von großen Teilen der Gesellschaft.
Zersplitterung der Parteienlandschaft
In der Weimarer Republik war es zudem eine Zersplitterung der Parteienlandschaft, die das Land am Ende nicht mehr regierbar machte und den Ruf nach einem starken Führer begünstigte. In der Bonner Republik war mit CDU/CSU, FDP und SPD eine Mehrheitsfindung in den Parlamenten noch denkbar einfach. Nun spielen mit den Grünen, der Linkspartei, den Freien Wählern, der so genannten Alternative für Deutschland und ganz neu noch der Werteunion sowie dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) immer mehr Parteien eine Rolle, die mehrheitlich ideologisch geprägt und/oder als extremistisch anzusehen sind – was dazu führt, dass das Parteienspektrum an den Rändern zerfasert.
Nationalismus in den Nachbarländern
Außerdem muss man sich vor Augen führen, dass der Nationalsozialismus deutscher Prägung in den 30er und 40er Jahren keinesfalls ein Außenseiterdasein gefristet hat. Egal ob man an Mussolinis Faschismus in Italien denkt, an Salazar in Portugal, an Ioannis Metaxas in Griechenland oder an das Franco-Regime in Spanien – der Nationalismus war in den verschiedensten Ausprägungen schwer angesagt. In vielen Ländern herrschte damals die Meinung vor, dass es einen starken Anführer bräuchte, der das eigene Volk nach vorne bringt und dass internationale Zusammenarbeit eher hinderlich für den eigenen Staat sei.
Und heute? Rechtspopulistische und teilweise offen rechtsradikale Parteien sind auch aktuell wieder auf dem Vormarsch in Europa: Geert Wilders will Premier der Niederlande werden, in Schweden und Finnland stellen Rechtspopulisten die Regierung, im Osten regiert Orban in Ungarn und auch in Polen stellen Nationalisten die stärkste Karft im Parlament. Im Süden haben diese in Spanien oder Italien auch wieder Zustimmung gefunden. Heute finden sich immer mehr europäische Staaten, in denen der Nationalismus wieder erblüht, in denen die EU oder auch die NATO in Frage gestellt werden. Sorge bereitet hier zusätzlich die Situation in den USA.
Wichtiges Zeichen für anstehende Wahlen
Umso wichtiger sind die aktuell stattfindenden Massendemos in zahllosen Städten. Wo die gesamte Zivilgesellschaft in Ihrer Breite gemeinsam auf die Straße tritt und Politiker der unterschiedlichen demokratischen Parteien gemeinsam für mehr Demokratie einstehen. Wenn sich die Vorsitzenden von CDU und CSU genauso solidarisch erklären, wie grüne Aktivisten oder Linke, dann geht hiervon für mich eine große Hoffnung aus: Die Hoffnung, dass die anstehenden Europawahlen nicht von radikalen Protestgruppen und Demokratiefeinden gewonnen werden, die eigentlich die EU als Institution lieber heute als morgen abschaffen würden. Und die Hoffnung, dass die anstehenden Landtagswahlen im Herbst nicht zu einem nochmaligen Rechtsruck in Ostdeutschland führen und am Ende Faschisten zum Wahlgewinner machen.
Wichtig wäre es nun, dass die handelnden politischen Akteure aller Couleur die Stimmungen auf der Straße aufnehmen, ebenfalls miteinander nach den besten politischen Konzepten suchen und sich nicht weiter dem Showkampf von Regierung und Opposition hingeben. Dass zudem endlich wieder mehr Politik für die Bevölkerung gemacht wird und nicht an deren Interessen und Bedürfnissen vorbei.
Wenn dies das Ergebnis der Proteste wäre, müsste man sich viel weniger Sorgen um die Zukunft der Demokratie in unserem Staat machen!
Mit demokratischen Grüßen,
Sebastian Scheder
CGM-Bundesvorsitzender