Frauennetzwerk Mobbing

Frauennetzwerk Mobbing

Wenn desaströser Psychoterror Mitarbeitenden und Unternehmen schweren Schaden zufügt

Mobbing ist ein Problem, das jeden betreffen kann. Es ist kein Kavaliersdelikt und fügt auch Unternehmen erheblichen Schaden zu. Für Frauen ist Mobbing von besonderer Gefahr. Daher bringt das Frauennetzwerk der CGM „connected women at work“ eine neue Initiative auf den Weg. Sie soll Betroffene stärken und die Prävention vorantreiben.

Es kommt immer wieder vor, dass eine Person oder eine Gruppe eine andere Person, die sich von der Norm abweichend verhält, attackiert. Der Arzt und Pionier der Mobbing-Forschung Peter-Paul Heinemann prägte seit den 1970er Jahren dafür den Begriff Mobbing. Mobbing ist ein Phänomen, dass alle Teile unserer Gesellschaft erfasst. Mobbing am Arbeitsplatz beschäftigt mittlerweile ganze HR-Abteilungen und ist Forschungsgegenstand der Lehrstühle an unseren Universitäten. Die desaströsen Folgen für die Opfer sind in Ausmaß und Zahl so immens, dass eine psychologische Betreuung nicht mehr für alle gewährleistet werden kann.

Der Mobbing-Report der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aus dem Jahr 2002 belegte, dass jeder 9. Mitarbeiter im Laufe des Berufslebens mindestens einmal von Mobbing betroffen ist. Es gibt keinen „mobbingfreien“ Bereich im Arbeitsleben. Mobbing betrifft beide Geschlechter. Es kann wirklich jeden treffen. Der Report zeigt jedoch, dass die Anzahl der betroffenen Frauen deutlich höher liegt als bei den männlichen Kollegen. Eine weitere Erkenntnis des Reports stimmt ebenso nachdenklich. In Bezug auf das Alter sind unter 25-Jährige besonders häufig betroffen. So entwickelt sich eine Ausbildung oder ein Berufseinstieg schnell zum Martyrium.

»Der Report zeigt jedoch, dass die Anzahl der betroffenen Frauen deutlich höher liegt als bei den männlichen Kollegen.«

Kein Kavaliersdelikt

Mobbing ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein krankmachender Stressfaktor mit schwerwiegenden psychischen und physischen Folgen. Es beginnt im frühen Stadium des Mobbingablaufs oft mit Magen- und Darmbeschwerden, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schlafstörungen, leichten Verstimmungen. Nach einem Jahr Mobbingerfahrungen leiden eine Vielzahl von Mobbingopfern an einer posttraumatischen Stressbelastung. Längerfristig können sich aufgrund der Traumatisierung neben einer generalisierten Angststörung, auch Depressionen und Drogenmissbrauch bei den Betroffenen entwickeln. Sieht das Mobbingopfer keinen Ausweg mehr, kann es sogar zum Suizid kommen. Der Psychologe und Mobbing-Forscher Heinz Leyman von der schwedischen Universität Umeå hat 39 Krankheitssymptome dem Mobbing zuschreiben können.

Auch für das Unternehmen gefährlich

Mobbende attackieren mit enormer Wut und Aggression die Anerkennung und den Selbstwert des Opfers. Mobbende sind kreativ und schaffen es immer wieder, wie einschlägige Studien belegen, durch Scheinbegründungen und „Mythen“, die sie über das Opfer verbreiten, ihr Mobbing in Gruppen gegen Einzelpersonen zu organisieren. Dabei wird oft das Wertesystem des Unternehmens durch ein Sub-Wertesystem, das die mobbende Gruppe aufbaut, unterlaufen.

»Dabei wird oft das Wertesystem des Unternehmens durch ein Sub-Wertesystem, das die mobbende Gruppe aufbaut, unterlaufen.«

Ursache und Wirkung unterscheiden

Konflikte, die in ein Mobbing eskalieren, sind in der Folge nicht nur für das Opfer selbst, sondern auch für das Unternehmen brandgefährlich. Bei der Intervention durch Dritte und der Eigenwehr ist es wichtig, Ursache und Wirkung von Mobbing klar zu trennen. Die Mitarbeitenden werden durch die Mobbinghandlungen der Mobbenden in der Ausübung ihrer Tätigkeit eingeschränkt oder behindert und nicht umgekehrt. Das ist ein entscheidender Punkt, damit die desaströsen Folgen dem tatsächlichen Verursacher angelastet werden können.

»Die volkswirtschaftlichen Schäden durch Mobbing in Deutschland liegen im zweitstelligen Milliarden-Euro-Bereich.«

Mobbende sind Kostentreiber und gefährden den Erfolg der Unternehmen! Die volkswirtschaftlichen Schäden durch Mobbing in Deutschland liegen im zweitstelligen Milliarden-Euro-Bereich. Die Schätzungen liegen zwischen 15 und 30 Milliarden Euro.

Mobbing als „Frauenthema“

Gehört Mobbing in den Kreis der sogenannten „Frauenthemen“? Leider ja! Denn der Mobbing-Report 2002 belegt, dass Frauen ein höheres Risiko tragen, gemobbt zu werden. Die erste weibliche Risikogruppe sind junge weibliche Auszubildende und Berufsanfängerinnen. Die Risikogruppe trägt ein doppeltes Risiko als Frau und junger Mensch im Unternehmen. Mobbing gefährdet hier das Erreichen des Ausbildungsziel sowie den gelungenen Start in das Arbeitsleben. Hier geht es um das Recht auf eine gute Zukunftsperspektive, das Recht auf eine gelungene persönliche Entfaltung und des persönlichen Erfolgs!

Frauen der Generation 50Plus

Aber auch ältere Frauen haben oft unter Mobbing zu leiden. Dies wurde vor allem auch in Gesprächen mit CGM-Betriebsräten und Vertrauenspersonen, die als Mobbingkonfliktberatende tätig sind, als auch mit Betroffenen in den Unternehmen deutlich. Dort zeigte sich, dass es offensichtlich eine weitere Gruppe von Frauen in den Unternehmen gibt, die ein höheres Risiko tragen, Opfer von Mobbing zu werden. Häufig sind es Frauen aus der Generation 50Plus, die Gefahr laufen, über eine sogenannte „kalte“ Kündigung entsorgt zu werden. Hier werden gezielte Schikanen eingesetzt, um diese Frauen so zu zermürben, bis sie von sich aus den Platz räumen und selbst kündigen. So können Sozialpläne aus Eigeninteresse unterlaufen werden. Manager können über das Bossing, d. h. wenn der Chef mobbt, teure Abfindungsangebote vermeiden.

Auch ein Thema für die Familie

In dem Kontext von Mobbing als „Frauenthema“ muss auch auf die Verletzlichkeit von Familien durch Mobbing und die dortigen Auswirkungen eingegangen werden. Frauen tragen bis heute die Hauptlast in der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen. Stellen sie sich vor, wie eine am Arbeitsplatz gemobbte Mutter in der Folge von Schikanen an Depressionen erkrankt, unter Angstzuständen oder psychosomatischen Reaktionen leidet.

»Stellen sie sich vor, wie eine am Arbeitsplatz gemobbte Mutter in der Folge von Schikanen an Depressionen erkrankt, unter Angstzuständen oder psychosomatischen Reaktionen leidet.«

Diese Belastungen wirken sich in der Folge ebenso negativ auf die psychische und physische Gesundheit der betreuten Kinder aus. Genauso prekär ist die Situation, wenn zu Hause Angehörige gepflegt werden. Pflege geht in der Regel über Jahre und ist unglaublich anstrengend. Erkrankungen, die durch Mobbing verursacht werden, belasten die Familien in ihrer ganzen Verletzlichkeit und gefährden die familiäre Fürsorge.

Was hilft dagegen?

Es gibt auch positive Beispiele, die Wege aufzeigen, wie in Unternehmen mit Konflikten besser umgegangen werden kann. Das erfahren wir von Betriebsrätinnen, insbesondere aus kleinen und mittleren Unternehmen. Konflikte, auch wenn es durchaus mal lauter und ruppiger zugeht, bleiben hier im Rahmen. Es sind Unternehmen, und das hören wir immer wieder, die unter anderem durch ein verantwortungsbewusstes Gemeinschaftsgefühl in der Belegschaft getragen werden. Hier ist ein, mitunter auch beherzteres, Eingreifen mit einer Portion gesundem Menschenverstand ein bewährtes Rezept, um den Konflikt beizulegen und eine Eskalation ins Mobbing zu verhindern. Es ist diese Zivilcourage, die Darleys und Latanés in ihren 5-Stufenmodell des Hilfsverhaltens zusammengefasst haben und C. Kolodej in die Intervention bei Mobbing integriert.

  1. Schritt: Sie, der potentielle Helfende, müssen erkennen, dass etwas passiert.
  2. Schritt: Sie müssen das Ergebnis so interpretieren, dass Hilfe gebraucht wird.
  3. Schritt: Sie müssen die persönliche Verantwortung übernehmen.
  4. Schritt: Sie müssen entscheiden, was zu tun ist.
  5. Schritt: Dann müssen Sie handeln.

Es gibt noch weitere Erfolgsfaktoren, die Mobbing entgegenwirken.

Grundsätzlich gilt, Mobbing als ein destruktives Konfliktlösungsmuster ernst zu nehmen. So haben sich erste CGM-Betriebsräte und Vertrauenspersonen als Mobbing-Konflikt-Berater*innen ausbilden lassen. Ihre Erfahrung mit Betroffenen bestätigt, wie prekär sich Mobbing durch die Unternehmen zieht.

Was begünstigt Mobbing in den Unternehmen?

Mobbingfaktoren nach Köllner und Söllner (2016) am Arbeitsplatz:
  • Arbeitsverdichtung, Überforderung, chronischer Stress
  • Zeit- und Erfolgsdruck
  • Unterforderung
  • Perspektivlosigkeit, Inhaltsarmut
  • Unklare Arbeitsorganisation
  • Arbeitsplatzunsicherheit, Angst vor Arbeitsplatzverlust
  • Pathologisches Konkurrenzdenken
  • Schlechtes Betriebsklima
  • Innerbetriebliche Veränderungen (neue Vorgesetzte, neue Abläufe)
  • Unternehmenskultur, die Mobbing verharmlost
  • Defizitäre Führungskompetenz, mangelhafte Personalpolitik
  • Defizitäre Kommunikation, Intransparenz von Entscheidungen
  • Fehlende Anerkennung (Feedback)
  • Fehlende gemeinsame Werte, soziales Desinteresse
  • Rollenkonflikte

Die betriebliche Mitbestimmung öffnet Wege, Prävention und Intervention besser in den Gesundheits- und Arbeitsschutz einzubeziehen. Die Einrichtung eines Konfliktrats in den Unternehmen ist ein neuerer Lösungsansatz, der von dem Kommunikationswissenschaftler und Mobbing-Forscher Dieter Flader entwickelt wurde. Entscheidend ist, dass dieser mit Außenstehenden besetzt wird und jedem Betroffenen Zugang- und Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung stellt.

Das Frauennetzwerk wird tätig

Wir würden gerne mehr über Eure Rezepte der Konfliktbeilegung erfahren. Bitte schreibt uns an:

frauennetzwerk@cgm.de

Das CGM-Frauennetzwerk möchte ansprechen und über das erhöhte Risiko aufklären. Hierzu planen wir gerade eine Veranstaltungsreihe, zu der wir herzlich einladen. Auch könnt Ihr Euch bei uns melden, wenn Ihr von Mobbing betroffen seid. Wir werden Euch dann bei der Suche nach Hilfe nach unseren Möglichkeiten unterstützen. Dabei ist es uns wichtig, dass Ihr den Weg bestimmt, wie wir Euch helfen können. In Würde und Respekt!

Denkt immer daran, Ihr seid alles wert!

Beste Grüße,

Eure Susann

Susann Oerding Initiatorin und Mitgründerin des CGM-Frauennetzwerks

Comments are closed.