Die Kurzarbeit in der Corona-Krise
Die Studien und Analysen der Wirtschaftsforschungsinstitute geben uns inzwischen ein klares und aussagekräftiges Bild über die Erwerbstätigkeit in Zeiten der Corona-Krise. Demnach waren im Mai 2020 etwa 20 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen von Kurzarbeit betroffen. Hiervon bedeutete die Kurzarbeit für die Hälfte wiederum einen Arbeitszeitausfall von über 50 Prozent. Bei knapp der Hälfte der Betroffenen stockte dann der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld der Arbeitslosenversicherung aus eigenen Mitteln auf. Bei denjenigen, die ganz von der Arbeit freigestellt waren, lag dieser Anteil ähnlich hoch.
WAS BEDEUTET KURZARBEIT?
Kurzarbeit bedeutet, dass alle Beschäftigten in einem Betrieb oder ein Teil von ihnen weniger Stunden arbeiten, als sie normalerweise arbeiten müssten. Es kann auch sein, dass in der Kurzarbeit die betroffenen Beschäftigten gar nicht arbeiten. Dann spricht man von „Kurzarbeit null“.
Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit anordnen, wenn aus wirtschaftlichen Gründen ein kurzfristiger erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, der nicht zu vermeiden ist. Eigentlich trägt der Arbeitgeber das Risiko dafür, dass im Betrieb genug Arbeit vorhanden ist. Gibt es im Betrieb nicht genug Arbeit für alle, muss der Arbeitgeber grundsätzlich den vollen Lohn weiterzahlen, selbst wenn er Beschäftigte nach Hause schickt.
Eine Ausnahme davon ist die Kurzarbeit. Wenn für ein Unternehmen durch Kurzarbeit in einem begrenzten Zeitraum vermieden werden kann, Insolvenz zu beantragen oder Beschäftigte zu entlassen, kann der Betrieb Kurzarbeit einführen. Die betroffenen Beschäftigten erhalten dann entsprechend weniger Lohn. Um diesen Verlust ein Stück weit zu kompensieren, erhalten sie Kurzarbeitergeld.
Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit für den gesamten Betrieb, einen Betriebsteil oder eine Abteilung anordnen.
UNTER WELCHEN VORAUSSETZUNGEN GIBT ES KURZARBEITERGELD?
Das arbeitsmarktpolitische Instrument der Kurzarbeit ist bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie also eine der wichtigsten Maßnahmen, um Arbeitsplätze zu erhalten. Die Betriebe werden finanziell entlastet, indem den Beschäftigten für die ausgefallenen Arbeitsstunden Kurzarbeitergeld gezahlt und dem Betrieb die anfallenden
Sozialversicherungsbeiträge mit Ausnahme der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erstattet werden, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind.
Im Gegensatz zur Finanzkrise 2009 sind zurzeit neben der Industrie viele weitere Branchen von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie massiv betroffen.
Der Gesetzgeber hat daher, aber befristet bis zum 31. Dezember 2020, den Zugang zum Kurzarbeitergeld vereinfacht. Das Kurzarbeitergeld kann jetzt bis zu 12 Monaten bezogen werden, unter bestimmten Umständen bis zu 21 Monaten. Außerdem wurde die Bezugshöhe zeitlich gestaffelt: Unter bestimmten Bedingungen kann Kurzarbeitergeld ab dem vierten und dem siebten Bezugsmonat ansteigen und bis zu 87 Prozent des letzten Nettolohns ausmachen.
ICH BIN LEIHARBEITNEHMER. BEKOMME ICH AUCH KURZARBEITERGELD?
Grundsätzlich können nur Betriebe mit Kurzarbeitergeld gefördert werden, in denen mindestens ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter tätig ist. Der Arbeitsausfall muss mindestens zehn Prozent der Beschäftigten mit einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent betreffen. Da Kurzarbeitergeld eine Leistung der Sozialversicherung ist, können es auch nur sozialversicherungspflichtig Beschäftigte erhalten. Seit dem 1. März 2020 sind auch Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer anspruchsberechtigt.
Geringfügig Beschäftigte mit einem monatlichen Entgelt bis maximal 450 Euro („Minijobber“), die keiner Sozialversiche rungspflicht unterliegen, sind hingegen vom Bezug ausgeschlossen, auch wenn sie bei der Berechnung der Mindestanforderung „Arbeitsausfall“ berücksichtigt werden. Ebenfalls ausgeschlossen sind Soloselbstständige und Beamte.
DARF DER ARBEITGEBER EINSEITIG KURZARBEIT ANORDNEN?
Kurzarbeit kann nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Sie muss in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträgen festgelegt sein und ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG an die Mitbestimmung durch den Betriebsrat gebunden. Der Betrieb kann einen Antrag auf Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) stellen. In diesem muss unter anderem das Ausmaß des Arbeitsausfalls und die Anzahl der betroffenen Beschäftigten vorab geschätzt werden.
Somit handelt es sich bei dem Antrag eher um eine Absichtserklärung des Betriebs, Kurzarbeit in Anspruch nehmen zu wollen. Ist dieser Antrag bewilligt, kann die Bundesagentur für Arbeit dem Betrieb im Nachhinein das Kurzarbeitergeld für den tatsächlichen Arbeitsausfall monatsweise zurück erstatten – immer unter der Voraussetzung, dass die Mindestanforderungen für den jeweiligen Monat eingehalten wurden.
DER BEZUG VON KURZARBEITERGELD
Das Kurzarbeitergeld wird durch den Arbeitgeber unmittelbar mit dem Lohn ausgezahlt. Für die Abrechnung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit hat der Betrieb bis zu drei Monate Zeit. Er muss in der Abrechnung für alle betroffenen Beschäftigten die Lohnsumme für gegebenenfalls gearbeitete Stunden, den genauen Arbeitsausfall und die Summe des gezahlten Kurzarbeitergeldes angeben. Anschließend bekommt er das Kurzarbeitergeld und die anteiligen Sozialversicherungsbeiträge erstattet.
STATISTISCHE ZAHLEN ZUR INANSPRUCHNAHME VON KURZARBEITERGELD
Deshalb liegen die Zahlen zur tatsächlichen Inanspruchnahme von Kurzarbeit liegen erst deutlich zeitverzögert vor, denn auf Grund des oben geschilderten Verfahrens kann über die tatsächliche Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld erst mit deutlichem zeitlichen Verzug belastbare Aussagen gemacht werden. Diese werden im Folgenden zusammengefasst:
Insgesamt waren demnach etwa 20 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Mai 2020 in Kurzarbeit.
Dies betraf 22 Prozent der Männer und 19 Prozent der Frauen. Der Arbeitsausfall lag durchschnittlich bei 58 Prozent ihrer Arbeitszeit. Hier sind Frauen mit einem Ausfall von 62 Prozent stärker betroffen als Männer mit einem Ausfall von 55 Prozent.
Knapp ein Viertel aller Kurzarbeitenden war im Mai 2020 ganz von der Arbeit freigestellt.
Das Volumen der Arbeitsausfälle verteilt sich dabei aber sehr unterschiedlich: Bei gut 20 Prozent der Beschäftigten machte Kurzarbeit höchstens ein Viertel der Arbeitszeit aus. Bei einem knappen Drittel betrug der Arbeitsausfall 26 bis 50 Prozent.
Während bei 15 Prozent der Betroffenen ein Stundenvolumen von 51 bis 75 Prozent ausfiel, umfasste die Kurzarbeit bei 8 Prozent der Betroffenen 76 bis 99 Prozent der Arbeitszeit. Von einem Arbeitsausfall von 100 Prozent (umgangssprachlich als „Kurzarbeit Null“ bezeichnet) war knapp ein Viertel aller Kurzarbeitenden betroffen.
Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber kann unterschiedlich hoch ausfallen und ist zum Teil tarifoder einzelvertraglich geregelt. Den Befragungsergebnissen der verschiedenen Wirtschaftsforschungsinstitute zufolge stockten die Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld bei 47 Prozent der Beschäftigten auf und bei 45 Prozent derjenigen, die vollständig von der Arbeit freigestellt waren, stockte der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld ebenfalls auf.
Aufschlussreich ist ebenfalls ein Blick auf die regionale Verteilung von Kurzarbeit. So sind manche Regionen deutlich stärker betroffen als andere. So ist Baden-Württemberg am stärksten von Kurzarbeit betroffen. Diesem Bundesland folgen dann Niedersachsen und Bremen. In diesen drei Bundesländern sind etwa ein Viertel der Beschäftigten in Kurzarbeit. Ebenfalls relativ stark betroffen sind Hessen und Bayern mit etwa 22 und 21 Prozent. In Berlin-Brandenburg und den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland hingegen ist Kurzarbeit mit etwa 17 und 18 Prozent weniger ausgeprägt. Somit ist der Anteil der Kurzarbeitenden in Baden-Württemberg also um fast die Hälfte höher als in Berlin.